Ja, wo isser denn!?

... und hier isser jetzt gerade:

Donnerstag, 12. Juli 2012

Milwaukee (23. - 29. Juni)

Meine gesammelten Cousins und Cousinen habe ich ja nun alle besucht - in Milwaukee treffe ich nun ihre Mutter, meine Tante Else.


Mit ihren ueber 80 Jahren ist sie noch voll fit und radelt munter durch die Stadt. Ich hoffe, dass mir das in 30 oder so Jahren auch gelingen wird.

Waehrend der naechsten Tage fahre ich nur wenig Fahrrad. Stattdessen besuchen Else und ich zuerst mal ein klassisches Konzert. Die Namen der Musiker habe ich nicht parat, aber sie sind beruehmt - und der Pianist ist mittlerweile 83 Jahre alt. Er bekommt am Schluss stehende Ovationen.



Mir hat's auch Spass gemacht, auch wenn ich keinen wirklichen Draht zur klassischen Musik entwickeln kann.

Am naechsten Abend gibt's dann Shakespeare im Park.


Aufgefuehrt wird das Stueck von einer Gruppe von Kunststudenten und Absolventen. Buehnenbild und Kostueme sind in die Gegenwart verlegt, was wohl durchaus auch finanzielle Gruende haben mag, der Text ist allerdings original Shakespeare - was zur Folge hat, dass ich relativ wenig verstehe. 


Der Schauspieler ist allerdings recht suess, auch wenn er den Boesewicht spielt. Am Ende haben sich aber alle wieder lieb. Helft mir mal: in welchem Shakespear-Stueck spielt ein Hund mit? Das war's naemlich, was sie hier aufgefuehrt haben.

Ich moechte euch auch noch Elses Haus vorstellen - es ist eines der aeltesten in Milwaukee, ein ehemaliges Farmhaus.


Es wurde in den letzten 100 Jahren immer nur recht behutsam saniert und modernisiert, so dass es immer noch den Charme des 19. Jahrhunderts ausstrahlt. Es ist innen auch erstaunlich viel groesser als es von aussen wirkt. Und die originale Zentral-Warmluftheizung wurdde letzthin durch eine kombinierte Heizung/Klimaanlage ersetzt - sehr angenehm, denn es ist wirklich warm hier. Der Wind vom Lake Michigan, der nur knapp einen Kilometer entfernt ist, kuehlt zwar recht gut, aber es ist selbst dann noch waermer als man es haben will, wenn man gut schlafen moechte.


Dieses Haus steht eine Querstrasse weiter. Warum ich's fotografiere? Es war mal die Scheune, die zu Elses Farmhaus gehoert hat, vor mehr als 100 Jahren.

Elses grosses Projekt in den letzten 15 Jahren war der Aufbau des Urban Ecology Center - ein Projekt, das zum einen mehr Gruen in die Stadt bringen soll, zum anderen den Leuten auch oekologische Themen naeherbringen soll.



Der Spass darf dabei natuerlich auch nicht zu kurz kommen, deshalb hat das Gebaeude unter anderem auch die Kletterwand, die ihr oben seht. Das ist uebrigens die Rueckseite, gesehen von einem Rails-to-Trails-Radweg aus. Auch das ein Projekt, das mir sehr gefaellt.

Angefangen hat das Projekt in einem alten Wohnanhaenger hinter einer High School. Seitdem hat es sich gewaltig entwickelt. Meine Tante hat das natuerlich nicht alleine gemacht, aber trotzdem: Respekt!


Nur so ein kleines Detail: solche Stepper kenne ich aus Mittel- und Oberklasssewohnungen, wo die Leute verzweifelt und meist vergebens versuchen, Pfunde abzubauen. Die verbrauchte Energie wird dabei einfach nur in Waerme umgesetzt. Nicht so hier: dieser Stepper ist eine Regenwasserpumpe, die richtig sinnvolle Sachen mit der Energie macht. So muss das sein.

So sieht's uebrigens von vorne aus.



Ausflug in die Allgemeinbildung: das ist ein Beispiel fuer ein Haus aus der Zeit, als europaeische, speziell polnische Immigranten nach Milwaukee kamen.

Da diese Neuamerikaner nicht so viel Geld zur Verfuegung hatten, haben sie sich Doppelhaeuser einfallen lassen - aber nicht wie wir das kennen, rechts und links geteilt, sondern oben und unten. Wenn ihr genau hinschaut, seht ihr zwei Eingangstueren direkt nebeneinander. Eine fuehrt in die Erdgeschosswohnung, hinter der anderen ist direkt die Treppe in den ersten Stock. Die Wohnungen sind nicht weiter verbunden. Das ganze Konzept nennt sich dann "polnisches Haus".

Downtown wird's dann ein bisschen groesser und teurer.


Wenn ich das recht gelesen habe, ist das hier das Rathaus von Milwaukee.


Architektonisches Highlight ist aber ganz sicher das Art Museum.


Es steht direkt am Lake Michigan und erinnert an zwei einander durchdringende Schiffe - ds hat sich der Architekt auch so gedacht.

Das hier ist vom "Bugdeck" aus geschossen, mit Blick auf die "Bruecke".



Die "Gangway", die das "Schiff" mit dem Land verbindet. Rechts ist wieder der Bug zu sehen.


So sieht's von der Seeseite aus. Seht ihr die Staebe? Als besonderer Reiz koennen sie hochgeklappt werden wie die Schwingen einer Moewe. Abends werden die Fluegel angelegt, ...


... tagsueber breiten sie sich aus. Sehr nette Idee.



Wieder mal eine Panoramaaufnahme, naemlich die Skyline von Milwaukee. Gegen den Baum da mitten im Bild konnte ich leider nichts machen.


Und wie ich so weiter durch die Stadt radele, treffe ich einen Kollegen von Mort. Ist aber auch nicht mehr im aktiven Dienst, denn Sekunden spaeter hat ihn ein junger Mann in Jeans weggefahren.


An meinem vorletzten Tag in Milwaukee sonne ich mich noch ein wenig am Strand des Lake Michigan - der uebrigens riesig ist, denn selbst bei klarstem Wetter sieht man das andere Ufer nicht, es verschwindet aufgrund der Erdkruemmung hinter'm Horizont. Mit dem Strand und allem habe ich richtiges Meer-Urlaubs-Feeling, nur halt mit Suesswasser. Also huepfe ich in den See und schwimme ein paar Runden. Ist saukalt, aber bei der heissen Luft eine willkommene Abkuehlung.

Ich mache noch ein paar interessante Strandfotos von interessanten Mode-Konzepten ...


... und radle in den nassen Klamotten nach Hause, denn zum Umziehen habe ich nichts dabei. Eine Erkaeltung hole ich mir nicht, es ist einfach zu warm dafuer.

 Der letzte Tag in Milwaukee ist Harley-Davidson gewidmet. Im letzten Eintrag habe ich ja schon erwaehnt, dass diese Motorraeder aus Milwaukee kommen. Das abgebildete Gebaeude im letzten Posting ist allerdings nicht die Fabrik, sondern das Museum.



Tolle Ausstellungsstuecke!


Ausstellungsstuecke? Nein, das sind nur die Alltagsmaschinen der Besucher hier. Harley ist halt immer mehr als nur von A nach B zu kommen.


Mehr Besuchermaschinen. So sieht's hier jeden Tag aus.


Harley proudly presents: die allererste Harley ueberhaupt. Anders als die meisten anderen Hersteller hat Harley direkt mitMotorraedern angefangen und die Fahrrad- oder Naehmaschinenphase uebersprungen.


Und dann folgen die Modelle aller Baujahre, fein saeuberlich aufgestellt. Ein Detail, das ich besonders bemerkenswert fand: 1914 war eine Harley immerhin schon 50 Meilen pro Stunde schnell, hatte aber im Vorderrad immer noch keine Bremse und im Hinterrad nur so eine Ruecktrittbremse, wie man sie von einfacheren Fahrraedern heute noch kennt. Offensichtlich gab's noch nicht so viele rote Ampeln oder Stopschilder.


Lieferdreirad aus den Dreissigern.


Prototyp einer Maschine fuer den Afrikaeinsatz im Zweiten Weltkrieg. Das interessante daran: es ist im wesentlichen eine BMW-Kopie, mit Boxermotor, Kardanantrieb und Geradwegfederung. Extrem untypisch fuer Harley, es sind auch nur vier Stueck gebaut worden. Zum Einsatz kamen schliesslich konventionelle Harleys. Trotzdem interessant, dass die Army das BMW-Konzept fuer ueberlegen ansah.


Auch die Post durfte lange Zeit Harley fahren



Harley-Davidson hat dann doch noch angefangen, Fahrraeder zu bauen, mit sehr schoen gemachten Kettenblaettern, in die die Initialien "HD" eingearbeitet waren, aber letztendlich doch leider geschaeftlich erfolglos. Und so wurde die Fahrradproduktion schon nach wenigen Jahren wieder eingestellt.





Aber Harley hat immer wieder Ausfluege in andere Marktsegmente unternommen. So hat man nach dem Krieg zum Beispiel billige kleine Zweitakter gebaut....



... und spaeter dann mit italienischer Hilfe - was sonst - auch einen Roller:



Und auch eine ganz kleine Harley gab's mal, sichtbar von den japanischen Minibikes inspiriert:



Leider nicht die Originale, denn die sind verschollen, aber sehr genaue Kopien: die beiden Maschinen aus "Easy Rider". Kult vom Feinsten.



Tadzio will auch mal eine alte Harley fahren:



Tja, und das hier ist nicht mehr das Museum, sondern ganz normaler amerikanischer Alltag: die Polizei von Wisconsin hat schweres Spielzeug.



So, und morgen kommt dann der einzige Teil meiner Transamerika-Reise, den ich nicht aus eigener Kraft zuruecklege - ich fahre mit der Faehre quer ueber den lake Michigan. Die Faehre wird um sechs Uhr morgens ablegen, der Wecker steht auf vier... gute Nacht zusammen.



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