Am Nachmittag komme ich in Des Moines an, der Haupstadt von Iowa. Das Begruessungsmaeuerchen ist solide, aber nicht spektakulaer - wie man es halt von der Hauptstadt eines bodenstaendigen Agrarlandes erwarten wuerde.
Wie ich so durch die Strassen fahre, stelle ich aber fest, dass Des Moines doch erheblich mehr staedtisches Flair ausstrahlt als ich gedacht haette. Sogar ein Gay Pride Weekend gibt es hier - fuer das ich aber noch drei Tage hier bleiben muesste. So wichtig ist es mir dann doch nicht. Also werde ich mal wieder touristisch und schaue mir das Capitol an, einmal mit mir und meinem Radl davor ...
...und einmal ohne. Das Standbild habe ich auch gleich noch zur Seite geraeumt.
Interessant ist, dass die meisten Raeume oefffentlich zugaenglich sind, inclusive der beiden Parlamentskammern, also Senat und House of Representatives, und des Bueros des Gouverneurs. Das ist in den USA wohl so ueblich, erfahre ich, denn das Capitol gehoert ja nun mal dem Volk. Trotzdem glaube ich, dass die echte Politik hinter verschlosssenen Tueren gemacht wird.
Das ist zum Beispiel das Buero des Gouverneurs.
Und sogar ein ganz klassisches rotes Telefon gibt es. Habe ich natuerlich versteckt und von weitem fotografieren muessen, ist bestimmt geheim. Daher die Unschaerfe im Foto. Vielleicht habe ich aber auch nur gewackelt.
Das Vorzimmer des Gouverneurs. Hier arbeiten vier Sekretaere fuer ihn und die Vize-Gouverneurin. Zwei davon waren tatsaechlich da, der Gouverneur aber nicht. Sommerpause? Auswaertige Termine?
Das Buero der Vize-Gouverneurin. Sie war auch nicht da. Wer regiert dann da das Land? Was, wenn jetzt das rote Telefon bimmelt?
Eine lustige Eigenheit von Iowa: von jeder First Lady wird eine Puppe gebastelt, die sie in dem Dress zeigt, den sie bei der Amtseinfuehrung ihres jeweiligen Gatten zeigt. Gluecklicherweise gibt es hier keine ueberzeugten Voodoo-Anhaenger.
Das Haupt-Treppenhaus mit seinen sechs Mosaiken und einem Riesengemaelde. Die Mosaike werden auf Infotafeln auch schoen erklaert, sie haben irgendwie alle mit Recht und Regierung zu tun.
Das House of Representatives, also das eigentliche Parlament. Ob es gut ist, dass Exekutive und Legislative derart eng im selben Gebaeude residieren? Aber auch hier ist niemand zu Hause - da ist wirklich Sommerpause.
Der Senat - etwas kleiner, aber auch sehr bombastisch ausgeschmueckt.
Am besten gefaellt mir aber die Bibliothek. Warum man im Computerzeitalter noch das Protokoll jeder Parlamentssitzung auf Papier drucken und als Buch binden muss, verstehe ich zwar nicht, aber fuer die vielen anderen Buecher ist das hier sowas wie ein Luxushotel fuer unsereiner. Man beachte auch die Wendeltreppe - ein bisschen duestereres Licht, und es waere die perfekte Hogwarts-Kulisse. Doch, ehrlich.
Der krasse Gegensatz dazu ist zwei Meilen weiter das neue Civic Center - von Funktion und Einfuegen in die Umgebung her sowas wie der Gasteig in Muenchen. Aber die Buerger sind stolz darauf und moegen es.
Und auch ein oeffentliches Fahrrad-Verleihsystem gibt es hier. Haette ich nicht erwartet, die Stadt ueberrascht mich.
Auch die Kunst kommt nicht zu kurz: grosse weisse und schwarze Schneemaenner stehen in Parks. Den tieferen Sinn habe ich nicht ergruenden koennen.
Und kurz bevor ich bei meinen Warmshower-Hosts ankomme, faellt mir noch dieses Portal in's Auge. "The price of freedom is visible here" scheint mir doch ein eher heftiger Wahlspruch fuer ein Krankenhaus(!) zu sein. Ich kann ihn eigentlich nur in einem pazifistischen Sinn verstehen - als eine Aufforderung, Freiheit auch ohne Krieg zu erreichen. Aber wie er auch immer gemeint war, er scheint mir die Patienten zu instrumentalisieren. Ich haette ihn nicht gewaehlt.
Tja, und dann komme ich bei Greg und Sue an, einem aelteren Ehepaar, die mich doch sehr an George und Carol erinnern - genauso radlverrueckt, genauso gastfreundlich. Ich kriege ein tolles Abendessen vorgesetzt, wir schauen uns eine DVD ihrer Transamerika-Tour an, politisieren noch ein wenig, und dann ist der Tag auch schon wieder rum.
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