Ja, wo isser denn!?

... und hier isser jetzt gerade:

Sonntag, 29. April 2012

Von El Centro nach Palo Verde

Um 5:30 Uhr klingelt der Wecker. Ich dusche, packe meine Sachen zusammen - und puenktlich um 6 Uhr kommt der Weckanruf aus Muenchen. Ich freue mich. 5 Minuten spaeter bin ich auf der Strasse. Es hat angenehme 17 Grad, trotzdem bin ich froh ueber den Wasserkanister.



Die Autochen im Hintergrund gehoeren uebrigens den anderen Motelgaesten. Ist hier wohl eher eine "blue collar"-Gegend - und ich habe direkt an der grossen Strassenkreuzung gewohnt, die bei Nacht gar nicht mal so schlecht aussieht.



Das Motel ist auch eines der besseren, die mir auf der Fahrt bisher begegnet sind:



Ein freundlicher Rueckenwind schiebt mich kraeftig an - so kann das gerne bleiben. Die Hoehenangabe von -51 Metern stimmt uebrigens wirklich - ich bin auf dem Tiefpunkt meiner Reise angekommen. Gottseidank nur woertlich, nicht psychisch oder so.




Ich halte kurz, um die Strasse und Landschaft in einem Foto festzuhalten, ...



... da haben mich auch schon vier freundliche Angler - Jose, Manuel, Robert und einer, der seinen Namen nicht sagt - auf einen Burrito und eine eisgekuehlte Cola eingeladen. Nehme ich gerne an, denn inzwischen sind's keine 17 Grad mehr.



Ich komme an einem Bio-Feld vorbei, auf Englisch "organic". Haette ich hier nicht vermutet, aber die Produkte gehen vermutlich in die gesundheitsbewussten kalifornischen Grossstaedte.



Tja, und sobald ich den oestlichen Bewaesserungskanal ueberquert habe, weicht die Landwirtschaft der Steppe. Ueber die Berge im Hintergrund muss ich heute auch noch.



Aber erst mal droht mir bombige Gefahr von oben, wenn ich nicht auf der Strasse bleibe. Ich kriege auch den ganzen Vormittag ueber meine private Flugschau mit Ueberfluegen in unter 100 Meter Hoehe. Diese Voegel waren allerdings zu schnell, um sie in die Kamera zu bekommen.



Und zu den Bomben kommen jetzt auch noch Wanderduenen. Man lebt ja echt gefaehrlich in so einer Wueste. Aber das erklaert auch die Schneeraumlastwagen, die ich hier rumkurven sehe - das sind Sandraeumer.



Ein paar Impressionen, die erst in gross richtig wirken - bitte klickt auf die Bilder:






Ich bin ohne Zweifel in einer echten Wueste - und treffe Leute ohne Ende. Nach den netten Anglern waren da Wolfgang Waldemar und Indre aus Duesseldorf, ...



Luke aus New York (der auch auf Ortlieb-Taschen schwoert, wie man sieht),



eine amerikanische Familie mit zwei Tandems, die noch bis San Diego wollen,



und der taegliche Zug, den ich genau erwische. Irgendwie absurd - 140 km Nichts, und ich stehe vor einer geschlossenen Schranke.



Ich klettere bis auf 300 Meter ueber dem Meer, und die Sandwueste weicht einer Geroell-Hochwueste...



... mit Kakteenfeldern:




Arg karg ist es aber schon hier...



... und die Strasse eher unfreundlich zu schwer beladenen kleinen Radfahrern. Der Bergabschwung reicht leider nie fuer den Gegenanstieg. Von diesen Wellen gibt's hier viele Dutzend.




Koennte auch ein suedamerikanisches Hochgebirge auf 5000 Metern sein. Dort waer's nur nicht so heiss - 32 Grad sind's inzwischen:




Bei einer kurzen Pause kaempft Stuntzi heldenhaft mit der gefaehrlichen Keilriemenschlange, und erlegt sie schliesslich. Davon, und von ihrer groesseren Verwandten, der Reifenlaufflaechenschlange, gibt's hier massenhaft.



Nach dem Abstieg aus den Bergen und bis hier etwa 120 km komme ich in die naechste kuenstliche Bewaesserungsoase, auch wieder vom Colorado gespeist. Der Boden ist recht fruchtbar, man braucht halt nur Wasser:



Ah, da isser ja, der Colorado.



Nach diesem Wuestentag kann es nichts schoeneres geben als ein erfrischendes kuehles Bad. Und genau das mache ich jetzt auch. Herrlich!

Ich bin 5 km vor Palo Verde auf einem Campingplatz. Aber ein Motelzimmer waere schon nett, also fahre ich nach Palo Verde rein. Das Motel hat zu, einen Lebensmittelladen gibt es trotz gegenteiliger Beteuerung meiner Karte nicht, und der Koch des einzigen Restaurants ist nicht greifbar. Er ist "mal kurz" einkaufen gefahren und wird so in zwei Stunden wiederkommen.

Also radle ich zurueck zum Campingplatz, schaue noch ein paar Geiern (diesmal wirklich echten) beim Abendessen zu ...





... und mampfe meine mitgebrachten Kekse und Bananen. Ein mitleidiger Camper schenkt mir ein Huehnchenschnitzel, das muss reichen. Tut es auch.




Und so geht's ab in die Heia.


Gute Nacht! :)



Es sind uebrigens noch acht Liter Wasser in meinem 10-Liter-Tank. Sehr gut so, denn die brauche ich ja fuer den naechsten Tag auch noch. In Palo Verde gibt's ja nichts zu kaufen.


Freitag, 27. April 2012

Wüste und Wasser

Kurzer Nachtrag - da ich ja morgen 135 km Wüste vor mir habe, es bis zu 33 Grad warm werden soll und mir für solche Situationen die Erfahrungswerte fehlen,  habe ich mein treues Aluross vorhin mit einem Wassertank aufgerüstet. Morgen früh breche ich also mit etwa 11 Litern Wasser im Gepäck auf,  sehr wahrscheinlich viel zu viel. Aber zu wenig wäre hier ein schwer zu behebender Fehler. Die 11 kg Mehrgewicht muss ich halt schleppen. Werden aber über den Tag verteilt weniger,  ich schwitze das einfach weg. :)

Fun fact nebenbei: ich bin gerade auf 12 Metern unter dem Meeresspiegel,  und es geht noch weiter runter,  bis auf etwa minus 80 Meter.


Donnerstag, 26. April 2012

... und wieder bergab. Es wird wuest.

Dass ich oben angekommen bin, wisst ihr ja schon. Aber ein wenig ausfuehrlicher muss ich schon schreiben.

Der Pacific-Coast-Teil von San Francisco bis San Diego ist ja nun vorbei. Bei der Planung dachte ich mir den so als "gemuetliches Einrollen" sozusagen. Etwas anspruchsvoller als gedacht war's dann doch - insbesondere die Huegeligkeit war mir nicht so bewusst. Es war also ein richtig gutes Training.

Und genau hier beginnt jetzt der Ernst - ich mache eine Linkskurve und fahre nicht mehr nach Sueden, sondern nach Osten. Manchmal schneller, meist aber langsamer als mit 15 Meilen pro Stunde.




Der Knoechel macht gut mit, und nach einem ersten Buckel von 250 Hoehenmetern bleibt's ueberraschend lange flach. Aber ich darf mal wieder Autobahn fahren, ganz offiziell.


Das mit dem "flach" erledigt sich dann aber auch nach einigen Meilen. Und die Gegend aendert sich erstaunlich schnell, wenn man ein paar hundert Meter ueber dem Meer ist. Sehr schoen gruen hier, und ideales Radlwetter - leicht bewoelkt und 22 Grad.


Ich treffe auch neugierige, aber etwas scheue Bergbewohner. Das ist ein besonders stattliches Exemplar, kleinere Eidechsen sehe ich zu Dutzenden - aber immer nur von hinten. Die sind blitzschnell weg, wenn so ein Stahlmonster angerollt kommt.


Unterwegs halte ich bei einem mexikanischem Farmer, der Orangen und andere Fruechte verkauft. Er kann's gar nicht fassen, dass ich bis nach New York will und schenkt mir alles, was ich so kaufen wollte. Danke, Senor! Vielleicht sehe ich aber auch einfach so fertig aus? Die Orangen waren jedenfalls die besten, die ich je gegessen habe.

Wartet hier schon der erste Geier auf mich? Nein, mich kriegst Du nicht! Und ausserdem bist Du gar kein richtiger Geier, Du Kraehe. Aber die Pose ist schon ziemlich professionell.


Manche Strassenschilder sind doch sehr praezise auf den Punkt gebracht. Da will ich hin. Zum Glueck muss ich eh in diese Richtung.


Das Foto kennt ihr schon - ich bin ganz oben angekommen, und Stuntzi laesst es sich nicht nehmen, mir das voller Stolz zu zeigen. Er ist natuerlich stolz auf mich - er selber hat ja nix gemacht.


Und dann komme ich auch schon in Pine Valley an. Das einzige Motel am Ort (der ungefaehr 500 Einwohner hat, in der Gegend eine Grossstadt) ist leider ausgebucht. Ich irre etwas ziellos umher auf der Suche nach einem Platz, an dem ich mein Zelt aufstellen kann. An einem zurueckgesetzten Haus mit einer ideal grossen Auffahrt verbellt mich ein grosser Hund, und ich will fliehen. Eine Frau haelt ihn zurueck, anstatt ihn mich jagen zu lassen. Gutes Zeichen, also frage ich sie, ob ich auf ihrem Rasen campen darf. Nach fuenf Minuten bittet sie mich in's Haus, eine Viertelstunde spaeter habe ich ein warmes Abendessen, und dann hoere ich viele Geschichten von Benefiz-Walks, die sie organisiert, und Blogs von weltreisenden Freunden. Ich schlafe trotzdem draussen im Zelt, weil ihr Mann nicht da ist. Ist aber in ordnung.

Am Morgen finde ich dann ein Lunchpaket von ihr. Vielen Dank, Corinne!




Am naechsten Tag werden die berge schnell flacher...


... und die Vegetation wird karger.


Richtig karg.


Ah, deshalb! Die Temperatur ist auch in kuerzester Zeit auf 33 Grad gestiegen. Es geht aber ein sehr angenehm kuehlender Wind - leider aus der falschen Richtung, direkt von vorne naemlich. Aber angenehm kuehlend. :)


Da muss ich jetzt durch. 40 km noch bis zum naechsten Motel in El Centro.


Kurz vor El Centro wird die gegend auf einmal landwirtschaftlich. Wie kann das sein? Ich lerne, dass der halbe Colorado River hier anscheinend auf Felder umgeleitet wird.

Das ist uebrigens kein Spielzeugtruck, sondern eines der normalen Strassenmonster. Der Traktor dahinter hat nur etwas amerikanische Ausmasse. Und Trucks auf dem Feld? Naja, warum nicht. Was genau geerntet wird, erkenne ich allerdings nicht.


Und um mal mit dem Vorurteil aufzuraeumen, dass Amerikaner keinen Fussball spielen - hier sogar in richtig professionellen Trikots!


Noch kurz die hausfraulichen Pflichten erfuellen, dann im benachbarten Pizza Hut Kaloriennachschub geholt und den Abend vor'm Fernseher ausklingen lassen.


Den nachsten Tag bleibe ich in El Centro, denn auf den naechsten 140 km gibt es abolut nichts, nicht mal einen Campingplatz mit Wasser. Nicht nur eine Servicewueste, auch eine ganz echte. Ich will das in einem Tag schaffen - dafuer muss ich aber erst passende Wassercontainer an's Rad basteln und dann vor Sonnenaufgang losfahren. Das schaffe ich nicht ohne einen Tag Vorbereitung. Und das Motel kostet auch nur 39 US$. Wahrscheinlich will einfach niemand nach El Centro.

Die Stadt ist auch nicht wirklich schoen - im Wesentlichen eine alte Eisenbahnhaltestelle mit Strassenanschluss. Jeder zweite Laden hat was mit Autos - Reparatur, Reife, Lackierung - zu tun. Nur die Main Street (kurioserweise eine der kleinsten Strassen) hat ein wenig Charme.


Und es gibt eine Bibliothek, in der ich netterweise in's Internet gehen und Blogeintraege schreiben kann. Womit wir bei der unmittelbaren Gegenwart waeren.

Wer will, darf mich morgen frueh um 6 Uhr Pacific Time anrufen und wecken, damit ich meine Wuestenetappe nicht verpasse. :)