Dadurch, dass die Staedte einfach in die Wueste weiterwachsen koennen, war es nie noetig, in die Hoehe zu bauen. Das merkt man auch an der Einfallstrasse, ueber die ich komme ...
... und an der Breite der typischen Wohnstrassen in Glendale.
Ich treffe meinen Couchsurfing-Host Chris,
der mich wie einen langjaehrigen Freund aufnimmt und alles tut, damit ich mich in Glendale wohlfuehle. Hat prima geklappt - many thanks, Chris! Kurioserweise wohnt er in der enzigen europaeisch anmutenden Reihenhaussiedlung, die ich bisher in den USA gesehen habe.
Wir sehen uns das alte, etwas touristische Zentrum von Scottsdale an und gehen in's Kino und nur so aus Spass in einem deutschen Lokal essen (die Rindsrouladen mit Blaukraut waren gar nicht schlecht). Chris hat sogar ein paar Wanderwege recherchiert, aber laufen ist mit meinem Knoechel immer noch keine gute Idee.
Die naechste Etappe soll mich dann bis nach Payson bringen. Morgens um sechs Uhr sitze ich bei angenehmen Temperaturen wieder auf dem Fahrrad - und komme und komme nicht aus der Stadt raus. Als ich endlich wieder Wueste unter den Reifen habe, zeigt der Tageskilometerzaehler 50 km an. Ganz so gross ist Glendale nicht, aber ein Berg mitten in der Stadt zwingt mich zu einem Umweg nach Sueden, wo ich doch eigentlich nach Norden will. Aber egal.
Ich treffe auf ein paar Wuestenbewohner, die ich bisher noch nicht gesehen habe. Ob das wilde oder domestizierte Pferde sind, kann ich nicht erkennen, aber schlau sind sie in jedem Fall, weil sie den einzigen Schattenspender weit und breit gefunden haben und geduldig drumherum stehen.Mich finden sie wohl interessant genug, um rueberzuschauen, aber nicht, um sich aus dem Schatten wegzubewegen.
Da hinten ist die Wueste zu Ende. Da muss ich hin. Mal wieder.
Und hier lerne ich, dass ein "forest" nicht unbedingt Baeume beinhalten muss.Vielleicht zaehlen Kakteen ja auch?
Nach 70 km Fahrt taucht ein Schild auf, das auf einen See samt "recreation area" und Restaurant mitten in der Wueste hinweist, leider 10 km seitab von der Strasse. Bis nach Payson waeren es noch einmal 80 km, allerdings sehr, sehr viele Hoehenmeter. Auch wenn es noch frueh am Tag ist, siegt die Vernunft und die Aussicht auf ein kuehles Bad, und ich fahre rueber zum Saguaro Lake, gerade mal 15 Meilen von Mesa entfernt. Er ist uebrigens nach der vorherrschenden Kaktusart, die ich euch in vielen Bildern gezeigt habe, benannt.
Saguaro Lake ist einer von mehreren Stauseen, die durch das Aufstauen des Salt River (der aber trotz seines Namens Suesswasser fuehrt) entstanden ist. Sieht doch malerisch aus.
... wenn man nicht in die falsche Richtung fotografiert. Ganz schoen viele Boote fuer einen eher kleinen See, aber mitten in der Wueste gibt's halt nicht so viel Auswahl.
Die Kakteen nutzen auch die schwierigsten Standorte. Respekt.
Andere machen es sich einfacher. Viele andere. Sehr viele andere.
Diese Berge sind die Four Peaks.Warum die in's Blog duerfen?
Na, sie sind auf jedem Nummernschild aus Arizona drauf.Sie sind beruehmt. :)
Bei Sonnenuntergang werden die letzten Boote und Jetskis aus dem Wasser geholt, ...
... dann schaue ich dem Spiel von Licht und Schatten beim Sonnenuntergang zu.
Es gibt zwar ein Restaurant, das ich mittags und abends besuche, aber leider keine Uebernachtungsmoeglichkeit. Also gucke ich mir eine geeignete Stelle aus und finde einen etwas abgelegenen Grillplatz mit Baenken und einem Tisch, mit Blick auf die Marina.
Da der Erzaehler bei der Bootsrundfahrt, die ich gemacht habe, begeistert von den ganzen gefaehrlichen Tieren berichtet hat, die es hier gibt, lege ich meine Luftmatratze auf den Tisch und mich oben drauf - zuerst noch in T-Shirt und kurzen Hosen, dann im Stundentakt mit langen Hosen, Jacke, zwei Jacken und morgens um vier schliesslich im Schlafsack.Um fuenf, kurz vor Sonnenaufgang, stehe ich auf und schwinge mich wieder auf's Rad. Auf nach Payson!
Noch versteckt sich die Sonne hinter den Bergen, ...
... aber eine halbe Stunde spaeter bin ich aus dem Tal, in dem der See liegt, raus und sehe sie ueber den Horizont klettern.
Steppe, Kakteen und Bergketten. Tolle Landschaft, gefaellt mir sehr. Nicht zum Wohnen, aber zum Anschauen. :)
Payson liegt in den Bergen, auf 1500 Metern. Um dorthin zu kommen, muss man erst die McDowell Mountains ueberqueren, dann die Mazatzal Mountains rauf. In anderen Worten: erst muehsam hochkurbeln, dann wieder runter und dann alles nochmal hochkurbeln. Aber landschaftlich eine sehr schoene Streacke!
So langsam bin ich mitten in den McDowells.
Kleiner Zwischenabstieg, dann geht's wieder hoch. Sagte ich schon, dass ich die Landschaft toll finde?
Ich glaube, ich geb's jetzt wirklich auf, den groessten und schoensten Kaktus zu finden. Der hier hat jedenfalls besonders viele Arme, muss also wirklich alt sein - die Kakteen fangen naemlich erst im Alter von 40 bis 70 Jahren an, Arme zu entwickeln, und der hier hat da doch schon einiges getan.
Eine neue Kakteenart kommt hier in der Hoehe hinzu - klein, flach, aber nicht minder stachelig.
Nebenbei decke ich auch noch den grossen schottisch-irischen Whiskeyschwindel auf. Die brennen den gar nicht selbst - der entspringt hier in Arizona einfach aus dem Boden.
Und endlich bin ich oberhalb der Kaktusgrenze. Die Gegend wird deutlich gruener, und es ist auch nicht so heiss wie in den letzten Tagen.
Kein Wunder, ich bin auf etwa 1300 Metern.
Payson kommt in Sicht. Das im Hintergrund ist das Mogollon Rim, da fuehrt mich meine naechste Etappe hoch.
Aber erstmal sind Stuntzi und ich froh, in Payson angekommen zu sein. Das waren jetzt 2001 Hoehenmeter an einem Tag - Christian, da sagst jetzt nix mehr, oder? War wohl eine sehr weise Entscheidung, am Saguaro Lake eine Uebernachtung einzubauen. Den Keks haben wir uns jedenfalls echt verdient.
In Payson nimmt mich eine sehr gastfreundliche und nette Familie - Laurel und Devin mit ihren Kids -, die ich auf Warmshowers finde, auf. Sie draengen mich, doch einen Tag laenger zu bleiben, und da ich ja genug Zeit habe, mache ich das gerne.
Ihr Haus ist toll - mit eigenem kleinen Kino, Tischtennis- und Billardtisch und anderen Annehmlichkeiten. Hier kann man's aushalten. Boot, Flugzeug, Haus - ich glaube, jetzt habe ich die wichtigsten Fotos. Auf dem Hausbild fehle ich allerdings, das muss ich noch aendern. :)
Am Ruhetag besuche ich einen Benfiz-Lauf, den meine Gastfamilie mitorganisiert hat. Payson ist ein richtig netter Ort, dominiert von zwei Highways, die sich hier kreuzen, aber eben kein typischer, nur auf Autofahrer ausgerichteter Service-Bereich. Das liegt daran, dass der Ort deutlich aelter ist als die Highways - der erste ist erst 1958 hier angekommen.
So, und morgen geht's dann nach heber-Overgaard, den Rim hoch. Da muss ich bis auf 2400 Meter.
Vermutlich habe ich erst wieder in Albuquerque vernuenftigen Internet-Zugang, und da komme ich voraussichtlich am 13. Mai an. Der naechste Blogeintrag koennte also ein wenig auf sich warten lassen. Aber dafuer ist dieser hier ja besonders lang geworden. Lest ihn einfach nochmal. :)
Achso, der Titel bezieht sich uebrigens auf Chris in Glendale und Laurel und Devin in Payson.
Hi Daniel,
AntwortenLöschenhab es endlich mal geschafft, mir den Link nach Hause zu schicken und Deinen Blog dort komplett durchzulesen. Hast ja schon einiges erlebt und viele nette Leute getroffen. Dazu noch die tolle Gegend (schöne Fotos übrigens)...
Kriege ich glatt Fernweh und Lust, das auch mal auszuprobieren.
Wir hatten letzte Woche auch so knapp unter 30 Grad, da konnte man Deine "wüste Fahrt" ein wenig nachfühlen. Aber heute haben die Eisheiligen auch in München zugeschlagen und es herrschen Niesel und 14 Grad. Muß wohl Deine Höhe sein... ;D
Na hast Du den Paß gut hinter Dich gebracht und geht es wieder bergab? Mußt Du eigentlich die Reifen bei so vielen Kakteen öters flicken oder hält das Kevlar? Was macht der Knöchel?
Wünsche Dir auch weiterhin unfallfreie und pannenfreie Fahrt sowie viele nette Hosts!
Schöne Grüße
Mark
PS: Kannst Stuntzi mal 'ne schönen Gruß ausrichten und ihm für die Inspiration danken. Zwei Verwandte von ihm haben sich gestern an die Cote d'Azur aufgemacht, um zwei kleine Franzosen auf ihren zukünftigen Wegen zu beschützen.
Hi Mark,
Löschenschön, von Dir zu hören. Gestern habe ich mal wieder Firmensitz gelesen. Sehr schade, dass Oli und Michael weg sind.
Deinem Fernweh kann ja abgeholfen werden - pack das Radl ein und fahr zwei bis vier Wochen im Sommer mit mir mit. :)
Im Moment bin ich auf 2000 Metern, war heute aber schon auf 2400, Stichwort Mogollon Rim. Die nächsten Tage bleiben ich auch so weit oben. Schöne Pinienwälder und angenehme Temperaturen.
Reifenpannen hatte ich bisher noch gar nicht, ob mit oder ohne Kakteen. Wundert mich etwas, auf den Straßen gibt's doch recht viel sehr spitzen Schotter *aufholzklopf*.
Da geht's dem Radler besser als meinem Fuß. Ärgerlich, gestern hätte es eine nette Wanderung gegeben.
Stuntzi grüßt zurück und freut sich, dass seine Verwandten nach Südfrankreich dürfen.
Hey Dani,
AntwortenLöschenich bin echt sehr beeindruckt, 2100 Höhenmeter, das fühlt sich ja schon beim Lesen anstrengend an! Und ausserdem mutierst du ja offensichtlich zum Frühaufsteher, wer hätte das gedacht.... Als ich mir die Route hier im Internet angeschaut hab, hatte ich bei `National Forest´ Visionen von schönen großen Bäumen, unter denen du gemütlich im Schatten dahinradelst. Offensichtlich doch ein Irrtum. Aber in der Tat sehr sehr viele Kakteen.
Hält dein Rad eigentlich bis jetzt gut durch?
Mit deinen Hosts hast du ja anscheinend auch viel Glück, ich wünsch´dir, dass das auf der ganzen Strecke so bleibt!
Hab mir den letzten Eintrag auch auf Englisch durchgelesen, hat auch was :-)
Auch von mir viele Grüße an Stuntzi, er soll dir nicht die ganzen Kekse wegessen.
Liebe Grüße
Julia
Ja, dass ich die Steigungen doch recht gut hinkriege hat mich auch ein wenig überrascht. Heute waren's wieder 1315 hm, ich war dann auf 2400 Metern. Die nächsten Tage werde ich so zwischen 1900 und 2400 pendeln - Alpintadzio. :)
LöschenDeine Baumvision war übrigens kein Irrtum, nur ein Tag zu früh dran. Seit etwa 1800 Metern fahre ich hier in zunehmend schönen Pinienwälder bei sehr angenehmen 18 Grad. Die Fotos kommen, sobald ich wieder einen richtigen Computer habe.
Gerade bin ich in Heber-Overgaard, was genau das Gegenteil von Payson ist: die alte Sägemühle ist weg, es siecht nur noch als Servicepunkt an der Kreuzung zweier eher unbedeutender Highways. Morgen schnell weg, auf nach Show Low.
Stuntzi lässt ausrichten, daß er nur deshalb so viele Kekse futtert, damit ich sie nicht tragen muss. Ich muss ihm die Logik da wohl noch mal erklären. :)